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28.03.2024 :: English :: Druckversion
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Automatische, echtzeitnahe Bestimmung von ko-seismischen Bodenbewegungen (Ground Tracking System)

Die Stärke (Magnitude) und der Ort (Epizentrum + Tiefe) eines starken Erdbebens lassen sich mit der Messtechnik und den Methoden der Seismologie schnell und genau bestimmen. Wie und in welchem Maße dabei die Erdoberfläche im Bereich des Erdbebens verformt (deformiert) wurde, kann mit Hilfe der Seismologie bisher nur abgeschätzt, nicht aber genau bestimmt werden. Für die in der Tsunami-Frühwarnung wichtige, schnelle Beantwortung der Frage, ob ein Erdbeben einen Tsunami ausgelöst hat, ist aber gerade die Kenntnis dieser ko-seismischen Deformationen besonders relevant. Hier helfen die GPS-Messtechnik (GPS-Stationen) und ein spezielles Auswertungssystem, mit denen Bodenbewegungen an der Erdoberfläche erkannt und genau bestimmt werden können. Die GPS-basierte Bestimmung von Bodenbewegungen funktioniert besonders gut in der Nähe von Erdbebenherden, wo die Beträge der Bodenbewegungen hoch sind. Dagegen können seismologische Sensoren in der Nähe von Erdbebenherden übersteuert werden, während Messungen von weiter entfernten Sensoren, aufgrund der Laufzeit der seismischen Signale, erst nach einer gewissen Zeit zur Verfügung stehen können. Im Zusammenspiel mit anderen Techniken (Bestimmung des einen Tsunami anregenden Mechanismus und der Fläche) kann durch mit GPS-Technologie bestimmte Messwerte von Bodenbewegungen die Zuverlässigkeit von Tsunami Frühwarnungen deutlich verbessert werden (Abbildung 1).

Abbildung 1: Vereinfacht dargestellte Beziehung zwischen Erdbeben, der Bewegung tektonischer Platten, mit GNSS-Messungen bestimmter Verschiebungsvektoren und der Entstehung von Tsunamis. Im Fall a) ist die Erzeugung eines Tsunamis weniger wahrscheinlich, ein erzeugter Tsunami wäre tendenziell eher klein (tektonische Platten bewegen sich nur lateral zueinander, ohne vertikalen Versatz). In den Fällen b) und c) besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Entstehung eines tendenziell größeren Tsunami, da die tektonischen Platten sich auch vertikal zueinander bewegt haben. Im Fall c) wird nur ein Teil der Platte 2 bewegt, womit die einen Tsunami anregende Fläche kleiner ist.

Im Rahmen des Projektes GITEWS wurde vom GFZ ein automatisch arbeitendes System zur Bestimmung von Bodenbewegungen bzw. ko-seismischer Deformationen entwickelt. Es stützt sich auf ein GPS-Prozessierungssystem zur automatischen, nahe Echtzeit-Verarbeitung der an GPS-Stationen in und um Indonesien kontinuierlich gemessenen Daten. Dieses am indonesischen Warnzentrum als Ground Tracking System eingeführte System kann weniger als 3 Minuten nach einem starken Erdbeben erste Werte (3D Versatzvektoren) für relevante, d.h. insbesondere nahe dem Erdbeben gelegene Standorte mit GPS-Instrumenten liefern, die im weiteren Verlauf alle 2 Minuten aktualisiert werden.

Abbildung 2: Simulierte Anzeige von Verschiebungsvektoren (rote Pfeile und Balken), so wie das GTS sie am 26.12.2004 wenige Minuten nach dem Sumatra-Andamanen Erdbeben angezeigt hätte. Grundlage sind die nachträglich bestimmten Bewegungen an Standorten mit GNSS-Stationen (grüne Symbole), hervorgerufen durch die Bewegungen der tektonischen Platten. Tatsächlich gab es zum Zeitpunkt dieses starken Erdbebens und des nachfolgenden Tsunamis in Indonesien weder ein GTS noch ein für die Frühwarnung brauchbares Netz an GNSS-Stationen.

Genaue Informationen über mögliche Bodenbewegungen werden auch für die Standorte von Pegelstationen geliefert, sofern diese mit GPS-Geräten ausgerüstet sind. Hat sich der Standort einer Pegelstation z.B. während eines Erdbebens verändert, so müssen die dort gewonnenen Messwerte zu Wasserspiegelhöhen korrigiert oder für Frühwarnzwecke verworfen werden.

Referenz: Falck, C., Merx, A., Ramatschi, M. (2013): Design and benefit of GFZ's GNSS-based Ground Tracking System (GTS) - Poster, The IAG Scientific Assembly 2013, 150th Anniversary of the IAG (Potsdam 2013).
Link zum Poster: PDF, 1156KB